Das emotionale Auf und Ab – Babyblues, Tränen und echte Überforderung
Du hast dein Baby geboren, die Welt sollte rosa glitzern – und doch fühlst du dich leer, überfordert oder traurig? Willkommen im echten Wochenbett. In diesem Artikel sprechen wir ehrlich über das emotionale Auf und Ab nach der Geburt – vom ganz normalen Babyblues bis hin zu Anzeichen einer Wochenbettdepression.
1. Was passiert mit deinen Gefühlen nach der Geburt?
Die hormonelle Umstellung ist massiv: Östrogen und Progesteron sinken rapide, während Prolaktin und Oxytocin steigen. Gleichzeitig:
Schlafmangel zermürbt
Schmerzen fordern dich körperlich
Verantwortung für ein völlig abhängiges Wesen kann überfordern
Erwartungshaltungen („Mutterglück!“) setzen dich unter Druck
Kein Wunder also, dass viele Frauen emotional aus dem Gleichgewicht geraten – besonders zwischen Tag 3 und 10 nach der Geburt.
2. Babyblues – das ist normal
Der Babyblues (auch Heultage genannt) betrifft ca. 50–80 % aller Mütter. Typische Anzeichen:
Tränen ohne konkreten Grund
Reizbarkeit
Stimmungsschwankungen
Erschöpfung
Angst, es „nicht zu schaffen“
⏱ Wann: Häufig zwischen dem 3. und 10. Tag nach der Geburt
🕰 Dauer: Einige Stunden bis wenige Tage
Wichtig: Babyblues ist keine psychische Erkrankung, sondern ein hormonelles und emotionales Phänomen. Du brauchst keine Therapie – aber Verständnis, Ruhe und Zuwendung.
3. Wenn es mehr ist: Wochenbettdepression erkennen
Etwa 10–15 % aller Frauen entwickeln im Wochenbett eine postpartale Depression. Sie tritt meist zwischen der 2. Woche und dem 6. Monat nach der Geburt auf.
Typische Symptome:
Anhaltende Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit
Schuldgefühle oder Gefühl, „eine schlechte Mutter“ zu sein
Schlaflosigkeit trotz Müdigkeit
Keine Freude – auch nicht am Baby
Überforderung, Reizbarkeit
Rückzug von Partner, Familie, Freunden
Körperliche Symptome: Appetitverlust, Herzrasen, Verspannungen
❗ Wenn du dich über Wochen hinweg schlecht fühlst, bitte such dir Hilfe. Du bist nicht allein – und es gibt wirksame Therapien.
4. Auch das kann passieren: Angststörungen & intrusive Gedanken
Manche Frauen erleben nach der Geburt keine klassische Depression, sondern:
Zwangsgedanken: z. B. „Was, wenn ich dem Baby etwas antue?“ (sehr belastend, aber häufig!)
Panikattacken: Herzrasen, Atemnot, Todesangst
Generalisiertes Grübeln: Sorgen, das Baby könnte sterben, oder man sei unfähig
Wichtig: Diese Gedanken bedeuten nicht, dass du dein Baby gefährdest. Aber sie können dich massiv belasten – professionelle Hilfe ist hier wichtig und entlastend.
5. Was dir in dieser Zeit hilft
A) Emotionale Selbstfürsorge
Gefühle zulassen: Weinen ist heilsam.
Erwartungen loslassen: Du musst nicht stark oder perfekt sein.
Verbindung suchen: Sprich mit Menschen, die dich verstehen.
B) Strukturen schaffen
Feste Rituale (z. B. jeden Morgen duschen oder 10 Minuten frische Luft)
Essensversorgung organisieren – z. B. über Freunde oder Familienhilfe
Weniger ist mehr: Besuch auf ein Minimum reduzieren
C) Körperliche Entlastung
Schlaf nachholen, wann immer möglich
Schmerzmittel nehmen, wenn nötig (z. B. bei Nachwehen, Geburtsverletzungen)
Hebammenhilfe in Anspruch nehmen – auch für emotionale Begleitung
6. Wann du dir Hilfe holen solltest
Spätestens, wenn du:
dich über zwei Wochen hinweg dauerhaft traurig fühlst
keine Bindung zum Baby spürst
Ängste oder dunkle Gedanken dich dominieren
keine Freude mehr empfindest
dich selbst oder dein Baby gefährdet siehst
Dann gilt: Nicht warten – Hilfe suchen.
Anlaufstellen:
Deine Hebamme oder Gynäkologin
Frühe Hilfen in deiner Stadt
Psychotherapeut:innen mit Spezialisierung auf postpartale Themen
Selbsthilfegruppen (auch online)
Tipp: Viele Regionen bieten inzwischen kostenlose, niedrigschwellige Beratung für Mütter im Wochenbett an – informiere dich lokal oder bei deiner Hebamme.
7. Wie dein Umfeld helfen kann
Gerade jetzt brauchst du Menschen, die nicht bewerten, sondern stützen.
Was dein Umfeld tun kann:
Zuhören – ohne Tipps
Praktische Hilfe anbieten (Kochen, Baby halten, aufräumen)
Dir den Rücken freihalten, statt dich mit Besuch zu stressen
Dich ernst nehmen, wenn du dich schlecht fühlst
Du darfst laut sagen: „Ich kann nicht mehr.“
Fazit: Deine Gefühle sind real – und du bist nicht allein
Das Wochenbett ist kein Spaziergang. Es ist eine sensible, verletzliche, manchmal dunkle Zeit – auch wenn Instagram dir etwas anderes zeigt. Du darfst dich traurig fühlen, überfordert, ängstlich. Du darfst Hilfe brauchen. Und du wirst sehen: Es wird besser.