Rückbildung – Wann, wie, warum? Was du deinem Körper wirklich zutrauen darfst
Nach der Geburt verändert sich dein Körper erneut – diesmal in die andere Richtung. Rückbildung bedeutet nicht, „wieder wie vorher“ zu werden. Es geht um Heilung, Stabilität und darum, dich in deinem Körper wieder wohlzufühlen.
1. Was genau passiert im Körper nach der Geburt?
Unmittelbar nach der Geburt beginnt dein Körper mit beeindruckenden Regenerationsprozessen:
Die Gebärmutter zieht sich zurück (Wochenfluss begleitet das)
Die Bauchmuskeln, besonders die gerade Bauchmuskulatur, haben sich stark gedehnt – oft entsteht eine Rektusdiastase
Der Beckenboden hat Höchstleistungen vollbracht – er ist jetzt oft geschwächt
Hormone (v. a. Relaxin, Östrogen, Prolaktin) verändern deine Bänder, Gelenke, Stimmung
Diese Prozesse laufen nicht linear. Es ist normal, sich mal kräftig und mal erschöpft zu fühlen.
2. Wann beginnt Rückbildung?
Im Wochenbett (0–6 Wochen): Noch kein aktives Training! Aber sanfte Maßnahmen wie bewusstes Atmen, Beckenboden spüren oder Stillen im aufrechten Sitz fördern die Heilung.
Ab der 6. Woche (bei Spontangeburt) bzw. 8–10 Wochen (nach Kaiserschnitt): Start mit einem Rückbildungskurs empfohlen – am besten bei einer Hebamme oder spezialisierten Physiotherapeutin.
Wichtig: Rückbildung ist kein Fitnessprogramm, sondern gezielte Tiefenmuskelarbeit.
3. Was umfasst Rückbildung konkret?
Ein guter Rückbildungskurs enthält:
A) Wahrnehmung & Ansteuerung des Beckenbodens
Aufbauwissen: Wo liegt der Beckenboden? Wie fühlt er sich an?
Übungen: sanftes Anspannen, Halten und Loslassen
Integration in den Alltag (z. B. Husten mit aktiviertem Beckenboden)
B) Atmung & Haltung
Aufrichtung statt Hohlkreuz
Zwerchfellatmung stärkt die Körpermitte
Verbindung von Atem und Beckenboden
C) Stärkung der tiefen Bauchmuskulatur
Kein Crunch oder Sit-up!
Fokus auf Transversus abdominis, den innersten Muskel
Übungen im Vierfüßlerstand, Rückenlage, Seitlage
D) Entspannung & Mobilisation
Schultern, Nacken, Lendenwirbelsäule
Auch seelische Entlastung zählt zur Rückbildung!
4. Was du deinem Körper (noch) nicht zumuten solltest
Gerade in den ersten Monaten solltest du folgende Dinge vermeiden, um Verletzungen oder Spätfolgen zu vermeiden:
Joggen, Hüpfen, Springen
Bauchpresse (klassische Sit-ups, Planks)
Trampolin
Belastung ohne aktive Beckenbodenansteuerung (z. B. schweres Heben)
Typische Anzeichen dafür, dass du zu früh zu viel machst:
Druck nach unten („Fremdkörpergefühl“)
Urinverlust beim Husten, Niesen, Lachen
Rückenschmerzen
Unwohlsein in der Körpermitte
5. Wie du Rückbildung in deinen Alltag integrierst
Du brauchst keine 90 Minuten Sport am Stück – aber:
10 Minuten bewusste Atmung und Beckenbodentraining pro Tag wirken Wunder
Nutze Stillzeiten, um Haltung und Spannung zu üben
Trage dein Baby rückenschonend (z. B. in Tragehilfe mit gerader Haltung)
Bleibe konsequent – kleine Schritte sind besser als keine
Tipp: Es gibt auch Online-Rückbildungskurse mit flexibler Zeiteinteilung.
6. Rückbildung bei Kaiserschnitt oder Geburtsverletzungen
Wenn du:
einen Kaiserschnitt hattest
einen Dammriss oder -schnitt
oder ein Geburtstrauma erlebt hast
…dann gilt: Rückbildung ja – aber angepasst.
Sprich mit deiner Hebamme oder Gynäkologin über deine individuellen Voraussetzungen. In vielen Fällen ist eine Beckenbodentherapie bei einer spezialisierten Physiotherapeutin sinnvoll.
7. Wann darfst du „wieder richtig“ Sport machen?
Nicht vorher als:
6 Monate nach Geburt, wenn du vollständig rückgebildet bist
keine Beschwerden (Inkontinenz, Druckgefühl) vorhanden sind
dein Beckenboden stabil arbeitet – auch unter Belastung
Empfohlene Sportarten für den Wiedereinstieg:
Yoga & Pilates (postnatal angepasst)
Walking statt Joggen
Schwimmen (nach Abklingen des Wochenflusses)
Rückbildungs-Fitnesskurse mit geprüften Trainerinnen
Fazit: Du darfst dir Zeit lassen
Rückbildung ist keine Kür, sondern ein Teil deiner Heilung. Sie schützt dich vor Spätfolgen, stärkt deine Körpermitte und hilft dir, dich wieder zu spüren. Du musst nicht „deine alte Figur“ zurückbekommen – aber du darfst dich stark, stabil und selbstbewusst fühlen.